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Der „Flow“ und wie man ihn vermurkst: Eine Anleitung


Ein Flow ist wie ein Rausch der Sinne, eine Art Trance, bei der wir so konzentriert sind, dass wir die Außenwelt vergessen und Zeit und Raum keine Rolle mehr spielen. Leider sind Smartphones und andere Technologien die größten Feinde dieses Zustands der produktiven Euphorie.

Statt uns in den Flow zu bringen, halten sie uns an der kurzen Leine und reduzieren unsere produktive Arbeitszeit auf weniger als drei Stunden am Tag. Aber keine Sorge, wir können immer noch versuchen, den Flow zu finden, indem wir unsere Geräte ausschalten und uns auf unsere Aufgaben konzentrieren. Oder wir könnten auch einfach einen Drink nehmen und darauf hoffen, dass wir in einen betrunkenen Flow fallen. Prost!


Ein Blitzrezept für mentale Unausgewogenheit, Abhängigkeit und Unglück


Alles was Sie an Zutaten für dieses Rezept brauchen, ist Ihr Smartphone und den festen Willen, dieses mindestens 50 x am Tag zu kontrollieren.


In seiner „Flow-Theorie“ beschreibt der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi den optimalen Zustand für das Schaffen, zu dem ein Mensch fähig ist.

Er beobachtete unter anderem Chirurgen und Leistungssportler, die vollends in ihrer Tätigkeit aufgingen, sensationelle Leistungen vollbrachten und dabei in einen wahren Rausch drifteten. Diesen Zustand nannte Csíkszentmihályi „Flow“ und er erkannte, dass man nur unter bestimmten Voraussetzungen in einen Flow kommen kann.

Es bedarf:

1) einer klaren Zielsetzung

2) voller Konzentration auf die Tätigkeit

3) dem Gefühl der Kontrolle über die Aufgabe und

4) dem Einklang von Anforderungen und eigenen Kompetenzen.

Letzteres bedeutet: Sind wir mit der Aufgabe über- oder unterfordert, führt dies unabwendbar zu einem Gefühl der Überlastung oder Langeweile.


Störungen: die ultimativen Flow-Killer-Maschinen


Um überhaupt in einen Flow - einen Zustand der Tiefenkonzentration - zu kommen und maximale Leistungskraft in unserem Gehirn zu entfalten, kommt ein weiterer wesentlicher Aspekt ins Spiel: Wir müssen die gestellte Aufgabe konsekutiv erarbeiten, soll heißen: ohne Unterbrechungen. Wir können keine optimalen Ergebnisse erzielen, wenn wir unkonzentriert und abgelenkt sind.


Jeder von uns kennt solche Flow-Momente: beim Erstellen einer Präsentation, bei der Bearbeitung einer komplexen Kalkulation, beim Klavierspielen, beim Sport, bei kreativen Tätigkeiten oder auch bei der Gartenarbeit oder beim Erstellen eines Fachartikels.


Ich hatte während des Schreibens meines Manuskripts für mein Buch über Tierpsychologie „Mensch, frag mich doch einfach!“ unzählige solcher Flows. Sie katapultierten mich manches Mal in einen wahrhaftigen Rausch der Sinne, eine Art Trance. Die Worte flossen wie von Zauberhand. Beim Lesen meiner „Ergüsse“ am nächsten Tag dachte ich oft: Kam das von mir? Woher habe ich diese Formulierungen und das Wissen? So manche Passagen brachten mich zum Schmunzeln und meine Erinnerungen an das Schreiben selbst, waren wie ausgelöscht. Das ist ein Flow. Wenn es einfach nur so flutscht, Zeit und Raum keine Rolle mehr spielen, man völlig bei sich und glücklich ist.

Unsere Aufgabe erfüllt uns mit Freude, wir sind ihr gewachsen, wir haben das Know-how, blenden die Außenwelt aus und geraten ungestört und hoch konzentriert in einen meditativen Zustand – den Flow. Dieser lässt unsere besten Leistungen zutage treten und beschert uns Glücksmomente.


Der Flow ist bei jeder Tätigkeit wichtig, aber von unschätzbarem Wert, um die eigene Kreativität vollends zu entfalten, Neues zu entdecken, zu erschaffen und zu erfinden. Er ist es, der Höchstleistungen aus uns herauskitzelt. Insbesondere, aber nicht nur, bei Menschen, die komplexe, intellektuelle Aufgaben bewerkstelligen und dies nur mit voller Konzentration, Hingabe und einem perfekt funktionierenden Gehirn schaffen können.


Der Flow hat keinen „ON“-Schalter


Die schlechte Nachricht: Wir können den „Flow“ nicht auf Knopfdruck herbeiführen. Wie die Softwareentwickler Tom DeMarco und Timothy Lister in ihrem Buch „Wien wartet auf Dich!“ (Originaltitel: Peopleware) beschreiben, brauchen wir 15 Minuten bis wir in einem Flow sind. Erst nach dieser Zeitspanne sind wir richtig fokussiert. Die 16. Minute ist nach deMarco und Lister unsere erste produktive Minute.

Jede auch noch so geringfügige Unterbrechung reißt uns aus dem Flow, zerstört unsere Fokussierung und Konzentration auf die Aufgabe. Wir benötigen erneut die magischen 15 Minuten bis wir in den nächsten Flow kommen.


Wenn wir also eine Tätigkeit unterbrechen, um nur fünf Minuten im Internet zu surfen, kurz unsere Mails zu checken, die letzten Nachrichten auf WhatsApp, Telegramm oder Signal anzuschauen oder die dringende Frage des Kollegen zu beantworten, brauchen wir anschließend ganze 15 Minuten, um unsere Gedanken neu zu sortieren und uns wieder auf die vorherige Tätigkeit zu konzentrieren. Diese noch so kleine Unterbrechung hat uns dann 20 Minuten unserer Arbeitszeit gekostet.


Die Ironie des 21. Jahrhunderts:

Wir wollen produktiver sein mithilfe „smarter“ Technologie, aber genau diese, unsere Smartphones, hindern uns daran


Alexander Markowitz, Informatikprofessor und Forscher der Universität Bonn, hat zusammen mit seinem Team im Jahre 2014 im Rahmen des Menthal-Projekts eine App entwickelt, die das Smartphone Nutzungsverhalten untersucht und in kürzester Zeit von 300.000 Personen heruntergeladen wurde.

Bereits nach der Auswertung der ersten 60.000 Datensätze zeigte sich ein erschreckendes und besorgniserregendes Bild: Im Schnitt aktiviert ein Handybesitzer 53 Mal am Tag sein Handy und unterbricht so alle 18 Minuten seine Tätigkeit. Er ist also gerade mal drei Minuten im „Flow“, bevor er sich das nächste Mal selbst unterbricht. Tut der durchschnittliche Smartphone-User das 53 Mal am Tag, sinkt unsere produktive Arbeitszeit auf etwa zweieinhalb Stunden am Tag.


Das macht uns nicht nur unproduktiv und unglücklich, es ist ein Dauerzustand, der uns stresst, krank macht und zum Burnout führen und/ oder beitragen kann.


Und das Smartphone ist nur der Anfang der Entwicklung. Heutzutage wird das Internet in Brillen, Uhren, Autos, Spielzeig u. v. m. integriert. Dazu kommen noch all jene Unterbrechungen durch unsere Umwelt, durch innere und äußere Reize, die wir gar nicht selbst verschulden.

Warum können wir unsere Finger und Augen nicht vom Smartphone lassen, obwohl wir wissen, dass uns dessen exzessive Nutzung nicht guttut? Wie kann ich mich selbst, meine Kinder, aber auch meine Mitarbeiter vor einem digitalen Burnout schützen?


Wir, das Team von rückenwind für mehr mentale Gesundheit, sind spezialisiert auf Stressbewältigung und Burnout-Prävention und zeigen Ihnen Wege aus der Smartphone-Falle hin zu einem gesunden Umgang. Denn ein Leben ohne Smartphone ist in unseren Breitengraden nahezu undenkbar. Also – verteufeln wir es nicht, sondern nutzen es „smart“.


Wie oft lassen Sie sich ablenken und unterbrechen sich selbst?


Machen Sie doch gleich morgen eine Strichliste, wie oft Sie sich selbst unterbrechen! Der kurze Blick auf Ihr Smartphone, auf die Uhr, die Nutzung von Apps. Und wie oft werden Sie zusätzlich noch von „Außen“ gegen Ihren Willen unfreiwillig unterbrochen? Sei es durch störende Geräusche, Kollegen, das Telefon, die Fragen Ihrer Kinder oder Mitbewohner oder auch durch Ihren Hund, der Sie sanft anstupst, um Aufmerksamkeit zu bekommen oder Sie an seine Futter- und Gassizeiten zu erinnern, wenn Sie gerade im Flow sind.


Was versetzt Sie in einen wahren Flow? Bei welchen Tätigkeiten bleibt für Sie die Zeit stehen? Schreiben Sie uns, wir freuen uns auf Ihre Kommentare.

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