top of page

Tohuwabohu im Kopf? Wie kriegen wir über 70.000 tägliche Gedanken unter Kontrolle?

Hilft Achtsamkeit als Kampfansage gegen Hektik, Stress, Konsum und Reizüberflutung?

Gerne wird Achtsamkeit als Aufmerksamkeit und Entschleunigung verstanden. Das ist zu Teilen auch richtig, doch trifft es nicht die ganze Wahrheit. Heute möchte ich Ihnen den Begriff Achtsamkeit etwas näherbringen. Uns sollte beiden bewusst sein, dies ist ein Blog. Daher ist es nur eine kleine Zusammenfassung und gleichzeitig ein guter Überblick darüber, was sich hinter diesem Begriff versteckt.


Buddhistische Achtsamkeit (Sati)

Der Begriff Achtsamkeit hat sich über die letzten Jahrtausende stetig verändert. Richtig gelesen: Jahrtausende. Denn ursprünglich findet sich das Konzept der Achtsamkeit bereits in den Anfängen des Buddhismus vor 3.000 Jahren. Dort wird auch der Begriff Sati verwendet und gilt als essenzielle Grundlage buddhistischer Praxis. Sati bedeutet so viel wie „die Realität sehen“. Jeder Gedanke zu etwas sei immer nur eine subjektive Interpretation der Wahrheit und damit Illusion. Mit Achtsamkeit soll erreicht werden, sich möglichst frei von dieser Einfärbung der Realität zu machen und dadurch die Unzulänglichkeiten des menschlichen Denkens zu reduzieren.

Nach Bhikkhu Analayo ist Achtsamkeit das Betrachten der körperlichen Verfassung, die Einordnung des seelischen Zustandes, die Fokussierung auf klare Gedanken und das Erwachen aus Lust, Übelwollen, Trägheit, Unruhe und Zweifel.

So sagt es die Buddhistische Achtsamkeit (Sati) ab ca. 1000 v.Chr.

Bei Sati geht es also nicht darum, möglichst aufmerksam zu sein. Es geht um das Verständnis, dass jedes Gefühl und jeder Sinneseindruck immer in Bezug zu vielen anderen Gefühlen und Erfahrungen.



Seit über 3.000 Jahren ist Achtsamkeit das Streben nach Wahrheit

Psychologische, westliche Achtsamkeit - ab ca. 1970


Da das traditionelle Verständnis von Achtsamkeit einerseits stark an den Buddhismus gekoppelt ist und andererseits eine langwierige Befassung mit der Thematik voraussetzt (es war eher eine Lebensweise als Fähigkeit), verwundert es nicht, dass mit der Zeit eine Vereinfachung, aber auch Bedeutungsverschiebung stattgefunden hat.

Gerade mit der Popularität buddhistischer Praktiken in den 1970ern hat Achtsamkeit Einzug in die moderne Psychologie gehalten. In einer immer hektischeren und chaotischeren Welt wurde sich nach Entschleunigung und Bewusstheit gesehnt. Zu viel Stress, sinnloser Konsum und Medienüberreizung wurden als negative Einflüsse auf das psychische Wohlergehen entlarvt. Achtsamkeit war hier ein willkommenes Konzept um mehr Ruhe, Verbundenheit und Fokus auf das Hier und Jetzt zu etablieren.

Achtsamkeit ist von Augenblick zu Augenblick gegenwärtiges, nicht urteilendes Gewahrsein.

(Jon Kabat-Zinn)


Aus der ursprünglichen Definition, der Bemühung, klar zu sehen, wurde die Fähigkeit, sich bewusst auf den Moment einzulassen, ohne ihn zu bewerten. Die Menschen sollten nicht länger tausend Dinge gleichzeitig tun und abends gestresst ins Bett fallen, sondern immer mit ihren Gedanken bei dem sein, was sie gerade tun.

Dabei sollte nicht evaluiert werden, ob sie diese Tätigkeit nun besonders gut oder schlecht machen. Sie sollten einfach nur da sein.

Ganz so weit ab vom traditionellen Verständnis war diese Neudefinition nicht. Ruhe und Klarheit im Kopf war ebenso ein Ziel, und die eigenen Gedanken und Emotionen sollten ebenfalls nicht be - oder gar verurteilt werden. Und andererseits wurden alte Techniken, wie die Meditation, eingesetzt, um diese Herangehensweise umzusetzen.


Ein Hauptunterschied zum Sati war hier besonders die Erklärung der Wirkungsweise. Während Achtsamkeit traditionell eher Bezüge zu spirituellen Konzepten und hinduistischen Gottheiten beinhaltet, waren es im westlichen Kontext oft Studien, Evaluierungen und theoretische Fachliteratur der Psychologie, die der Achtsamkeit ihre Daseinsberechtigung gaben. Zahlreiche Untersuchungen bescheinigten Achtsamkeitstechniken eine enorme, positive Wirkung auf die mentale Gesundheit.


Bewusst im Moment verharren ist schon weit entfernt von der traditionellen Definition

Populäre Achtsamkeit - ab ca. 2000


Heute ist Achtsamkeit, gerade in unseren Breitengraden, zwar nicht so weit entfernt von dem Verständnis der 1970er, aber eine Erweiterung der Kernthemen, welche dem Begriff Achtsamkeit zugeordnet werden, ist offensichtlich. Dies rechtfertigt eine zeitgemäßere Definition als das bloße be - und verurteilungsfreie Verharren im Moment.

Das Im-Hier-und-Jetzt-sein ist zweifelsfrei immer noch ein Schlüsselfaktor. Aber gerade durch die Verbreitung psychologischer Themen und besonders der Popularisierung von Aufmerksamkeit für mentale Erkrankungen, auch in den sozialen Medien, zerfaserte die Definition allmählich. Das ist nichts Schlechtes. Jede Zeit reagiert auf ihre Probleme und Bedürfnisse durch ungewöhnliche Adaptionen etablierter Konzepte. Achtsamkeit bedeutet heute oft, die Kunst, ein erfülltes, entschleunigtes und gutes Leben zu führen.


Gedankenwirrwarr: Wir denken 60.000 – 70.000 Gedanken pro Tag

Wenn wir all diesen Gedanken Aufmerksamkeit schenken würden, kann unser Gehirn nur mit einem Kurzschluss reagieren. Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien von Forschern, die belegen, dass wir Menschen durchschnittlich 60.000 – 70.000 Gedanken pro Tag denken. Die meisten dieser Gedanken sind unbewusst oder sogar negativ. Die Gedanken des Durchschnittsmenschen setzen sich folgendermaßen zusammen:


70% flüchtige, nebensächliche Gedanken

27% negative, destruktive Gedanken

3 % positive, aufbauende, kreative Gedanken


All diese Gedanken beeinflussen unsere Stimmung. Wir verschwenden zumeist negative Gedanken an die Vergangenheit oder angstvoll in die Zukunft. Unsere Gedanken bestimmen somit unser Verhalten und Handeln.


Erschreckend unsinnig: 80% unserer Gedanken sind dieselben wie am Vortag!

Einer Studie der American Science Institutes zufolge sind von den durchschnittlich 65.000 Gedanken pro Tag ungefähr 80% genau dieselben Gedanken, die wir auch am Vortag hatten. Das Gedankenkarussell dreht sich …




Wer im Jetzt lebt, reduziert seine unbewussten negativen Gedanken und die Gedanken allgemein auf ein Minimum.

Durch Achtsamkeit ist die Möglichkeit gegeben, bisherige Reaktionsmuster zu erkennen und bei Bedarf weiterzuentwickeln oder abzuändern. Achtsamkeit hilft dabei, mit Herausforderungen umzugehen und auch angenehme und schöne Erlebnisse bewusster wahrzunehmen.


Folgende Konzepte sind heute u. a. untrennbar mit Achtsamkeit verbunden:


#Akzeptanz #Bedürfnisorientierung #Bewusstheit #Burnout-Prävention #Dankbarkeit #Empathie #Entschleunigung #Entspannung #Gelassenheit #Nachhaltigkeit #Resilienz #Selbstakzeptanz #Selbstliebe #Selbstfürsorge #Selbstreflexion #Stressvermeidung #Werteorientiertes Handeln #Zufriedenheit


Achtsamkeit ist also ein Schlagwort und Sammelbecken für alles geworden, was uns im weitesten Sinne guttut und dies meist in Bezug auf unsere mentale Verfassung. Es ist der ultimative Gegenentwurf zu all den Schattenseiten einer turbokapitalistischen Gesellschaft und eine Kampfansage an Hektik, Stress, Konsum, Beliebigkeit und Überreizung. Neben theoretisch-philosophischen Überlegungen werden auch ausgleichende und entlastende Aktivitäten als eine Säule der Achtsamkeit angesehen. Ein anschauliches Beispiel wäre hier sicher Yoga, da es durch körperliche Betätigung sowie Meditations-, Entspannungs- und Atemtechniken explizit einen Zustand der Erdung und Entschleunigung erzeugen möchte. Aber es gibt Menschen, die auch Handball, Joggen oder Gewichte heben als Teil ihrer Achtsamkeitspraxis ansehen, weil diese Hobbys ihnen helfen, wieder bei sich selbst anzukommen.


Achtsamkeit: Alles, was entspannt? Zwischen Sanskrit und Spa

Dass es so oft Verwirrung gibt, was denn nun Achtsamkeit ist, kommt also nicht von ungefähr. Für manche Menschen ist Achtsamkeit die traditionelle Bemühung, Realität zu sehen. Für andere ist es der Kaffee mit der besten Freundin. Für manche ist es die tägliche Meditation. Für andere das heiße Bad am Ende des Tages. Für manche ist es das Schweigekloster. Für andere der Gang zu Therapie. Für manche ist es das Studieren des Sanskrits. Für andere ein Leben im Einklang mit der Natur.


Sie sehen, es ist kompliziert, eine exakte Definition zu formulieren, was Achtsamkeit denn nun ist. Eher sollte auf die Absicht, anstatt auf die Aktivität, deren Umsetzung oder den Erfolg dieser Aktivität, geachtet werden.



Abschließend kann man zusammenfassen, dass Achtsamkeit vieles sein kann:

· Die Bemühung, klar zu sehen und Wahrheit zu finden (traditionell)

· Der Fokus auf den Moment, ohne zu bewerten (70er-Revival)

· Die Kunst, ein gutes Leben zu führen (2020er-Erweiterung)

· Die Bemühung, bei sich selbst anzukommen (allgemein)


Ausformuliert klingt das so:

Achtsamkeit beschreibt die Bemühung, durch bewusstes Innehalten bei sich selbst anzukommen. In Alltagsmomenten sorgt Achtsamkeit für Entschleunigung und einen Fokus auf das Hier und Jetzt. Langfristig sorgt Achtsamkeit für innere Ruhe und ein bewussteres Leben.


Wenn Sie mehr über Achtsamkeit erfahren möchten, Wege aufgezeigt bekommen möchten, Achtsamkeit anzuwenden, begleiten wir Sie gerne. Oder fordern Sie jetzt gleich unseren kleinen, kostenlosen „Achtsamkeitstest“ an, und erfahren Sie, wie achtsam Sie bereits sind. Kurze Email an: kontakt@rueckenwind.biz genügt/ Betreff: Achtsamkeitstest



bottom of page